Über den Verein

Am 5. September 1920 wurde die erste „größere“ Ruder – Regatta mit Beteiligung auswärtiger Schülervereine in Lübeck auf dem Kanal durchgeführt. Außer dem Katharineum und dem Johanneum nahmen Schülervereine aus Eutin, Neumünster, Rendsburg und Schleswig teil. Der Erfolg dieser Regatta trug wohl mit dazu bei, dass auch die Lübecker eine eigene Verbands – Schüler und Jugendregatta, ähnlich wie in Schwerin, Rostock und Hamburg,veranstalten wollten.

Nach Vorarbeit durch eine gemeinsame Kommission wurde von Mitgliedern der Lübecker Rudervereine am 7. Februar 1921 der Lübecker Regatta Verein gegründet. Die Eintragung in das Vereinsregister erfolgte aber erst 3 Jahre später – am 22. Oktober 1924. Den Vorsitz übernahm seine Exzellenz K. von Morgen. H.A.Hanson, E.Scheteling, E. Plessing und L.E.Roeper bildeten den weiteren Vorstand. Am 12. April 1921 gab sich der LRV eine Satzung. Zum Zweck des Vereins heißt es in § 2: „… die körperliche Ertüchtigung der Jugend durch Förderung des Wassersports, insbesondere durch Veranstaltung von Regatten.“

Die 1. Lübecker Verbands – Schüler – und Jugendregatta, die am 18./19. Juni 1921 durchgeführt werden sollte, fand eine über Erwarten große Resonanz. So gaben 28 Vereine, darunter zwei dänische und ein finnischer Verein ihre Meldungen für 12 Rennen und weitere Schüler – und Jugendrennen ab. Insgesamt wollten 572 Ruderer in 108 Booten auf der Regattastrecke auf dem Breitling vor Schlutup an den Start gehen. Die Regatta musste allerdings wegen Sturm und Unwetter abgesagt werden. 1922 wurde die Strecke deswegen auf die Trave zwischen Teerhofsinsel (Start) und Dänischburg (Ziel) verlegt. Die Strecke wies zwar bei 1300 m eine leichte Kurve auf, war aber mit einer Breite von 80 m und einer Länge von 2000 m wesentlich windgeschützter. Außerdem bot sie den Zuschauern die Möglichkeit vom Treidelsteg oder direkt am Ziel von einer offenen Tribüne aus, die Rennen mit zu erleben. So wurde die 2. Regatta, wenn auch bei schlechtem Wetter, am 24./25. Juni 1922 auf der neuen Strecke durchgeführt. Die Zuschauer, die 1923 die Rennen miterleben wollten, mussten inflationsbedingt an der Kasse 10.000,– Reichsmark für einen Sitzplatz und 1000,– Reichsmark für ein Programm bezahlen.1924 kostete der Sitzplatz aber nur noch 3,– Reichsmark.

Nach großen Anstrengungen und finanziellen Opfern der Mitglieder konnte dann 1925 eine überdachte Tribüne und ein Bootshaus fertiggestellt werden. In dieser Blütezeit waren fast 10 Lübecker Wassersportvereine und über 70 Einzelpersonen Mitglied im LRV. Das für Lübeck obligatorisch schlechte Wetter änderte sich 1927 nach Abschluss einer Regenversicherung schlagartig und bis Mitte der dreißiger Jahre wurden die Ruderer von Sturm und Wind verschont.

1927 vollzog sich der erste Wechsel im Vorstand. E. Boie übernahm den Vorsitz und U.Gerlau, F.Lüders und K.Heydel die weiteren Vorstandsämter. Im Laufe dieses Jahres traten alle anderen Vereine ( bis auf LRG, LRK und die Einzelmitglieder ) aus dem LRV aus. Trotzdem blieb die Lübecker Ruder Regatta die drittgrößte Regatta in Deutschland. 1931 wurde Konsul Kröger zum Vorsitzenden gewählt, den er wahrscheinlich bis 1940 innehatte. In diesen Jahren kämpften die Ruderer u.a. um den Trave – Pokal, den Preis der Hansestadt Lübeck und den Ostsee Vierer. Ein gespendeter Herausforderungspreis hieß E.Boie Gedächtnispreis. Die 19. Internationale Ruderregatta am 10./11. Juni 1939 war die letzte Regatta auf der Trave vor Dänischburg.

Danach wurden die Regatten fast 40 Jahre auf dem Kanal oberhalb der Possehlbrücke durchgeführt. Diese nun schon dritte Regattastrecke des LRV bot Platz für vier Bahnen und war 1500m lang. Sie lag wesentlich zentraler und vom Start bis zum Ziel gab es ein Bahngleis der Reichsbahn. Auf dieser Strecke wurden bereits seit 1932 die Schüler – und Jugendregatten und 1939 eine erste Frauen – Regatta vom LRV durchgeführt. Von der großen Verbandsregatta wurden diese Veranstaltungen getrennt.

Über die Kriegsregatten gibt es keine Unterlagen, die 24. Ruderregatta wurde 1946 unter der Leitung von W. Pfeiffer, H. A. Hanson, L. Rath, W. Voß und Frau Käthe Heydel veranstaltet. Immerhin nahmen an dieser Regatta 18 Vereine aus Hamburg, Bremen und Lübeck teil. Die Aktiven mussten noch in Leihbooten rudern, denn der sonst übliche Transport der Boote mit der Bahn war so kurz nach dem Krieg noch nicht wieder möglich. Danach wurden die Boote wie schon seit Anfang der 20er Jahre bis Mitte der 50er Jahre mit der Bahn transportiert.

Bereits 1940 kam der Vorstand des LRV auf die Idee die Gleise direkt an der Regattastrecke für eine rollende Tribüne auf Waggons der Bahn zu nutzen. Zur 30. Internationale Lübecker Ruder Regatta 1953 meldeten 31 Vereine und in die Regatta eingebunden waren Schülerrennen und Stilrudern für Frauen. Die Möglichkeit, alle Rennen mit dem Regattazug vom Start bis zum Ziel zu begleiten, trug sicherlich zur Beliebtheit bei. Des weiteren wurde für Aktive und Zuschauer ein großes Bierzelt aufgestellt und als gesellschaftlicher Höhepunkt fanden Regattabälle in den Bootshäusern des LRK und der LRG statt.

Anlässlich der 40. Regatta 1963 meldeten fünf dänische, ein schwedischer, 37 deutsche und über 20 Renngemeinschaften. In diesen 60er Jahren begann wieder eine große Zeit für die Lübecker Regatta. Auch das Interesse der Zuschauer war sehr groß. Bis zu 10.000 Zuschauer mussten Eintritt zahlen um sich die Rennen ansehen zu können. Auch der Regattazug brachte zusätzliche Einnahmen für den LRV. Rundfunk, Wochenschau und Presse berichteten ausführlich über die größte norddeutsche Ruderregatta. Die Schüler- und Jugendregatta wurde wieder getrennt veranstaltet, da sonst das Programm nicht zu schaffen gewesen wäre.

1966 fand der 38. Deutsche Rudertag des Deutschen Ruder Verbandes in Lübeck statt. Dr. Walter Wülfing trat als DRV-Vorsitzender zurück und Dr. Claus Heß wurde zu seinem Nachfolger gewählt.

1969 fand die erste Jungen und Mädchen Regatta auf der Wakenitz statt.

Anfang 1970 kam die Hiobsbotschaft, das der Kanal ausgebaut werden sollte und für die Regatta nicht mehr zur Verfügung gestellt werden sollte. Die daraufhin beginnenden Planungen sahen ein gemeinsames Bootshaus und eine Regattastrecke am „langen Jammer“ der Wakenitz vor. Pressekonferenzen und Rundfunkinterviews zu den Schlagzeilen „Landschaftsschutzgebiet oder Regattastrecke“ / „Naturschutz und Ruderer“ waren an der Tagesordnung. Ein Antrag den Ausbau in Angriff zu nehmen fand aber in der Lübecker Bürgerschaft 1971 keine Mehrheit. Der hohe finanzielle Aufwand und das Landschaftsschutzgebiet waren die Hauptgegenargumente.

Ab 1970 musste man sich aber ernsthaft Sorgen um den Fortbestand der Internationalen Lübecker Regatta in der bisherigen Form machen. Der so genannte 14 Tage Rhythmus der großen Regatten über 2000 m mit sechs Startbahnen hatte sich durchgesetzt. Die deutsche und ausländische Elite besuchte andere Regattaplätze, aber nicht mehr Lübeck. Die sportliche Bedeutung der Regatta ging mehr und mehr verloren.

Zur 50. Regatta 1973 wurden dann beide Regatten wieder zusammengelegt und es meldeten 44 Vereine. 1974 wurden keine Elite Rennen mehr ausgeschrieben, stattdessen wurde mehr Wert auf Nachwuchsrennen gelegt. Mit 73 startenden Vereinen ging das neue Konzept voll auf. Von Seiten der Behörde wurde darauf hingewiesen, das die Belastung des Binnenschifffahrtsweges durch die Regatta bereits die Grenze des Erträglichen überschritten hatte. Die 55. Regatta wurde 1979 mit 50 Vereinen zum letzten Mal auf dem Kanal oberhalb der Possehlbrücke durchgeführt. Bis 1983 fand sich keiner bereit für den LRV große Regatten zu veranstalten.

Dann wurden Holger Schött und Jochen Grewsmühl, die schon 10 Jahre die JuM Regatten organisierten, zum 1. und 2. Vorsitzenden gewählt. Da die Durchführung der Regatta auf dem Kanal u.a. zu aufwendig und zu teuer geworden war, wurde die Regattastrecke auf die Wakenitz verlegt. Auf dieser neuen, der 4. Regattastrecke des LRV, die nur 1000m lang ist, feierte die Lübecker Regatta nach 5 Jahren ihre Wiederauferstehung. 1984 wurde die 56. Lübecker Ruder Regatta erstmalig auf der Wakenitz veranstaltet. 1988 fand die 60. Regatta statt, zu der 60 Vereine, davon 10 Vereine aus Dänemark und ein Schwedischer meldeten. Gleichzeitig wurde eine Langstreckenregatta mit 11 Booten und die JuM Regatta durchgeführt. Anlässlich der 60. Regatta wurde ein Jubiläumsabend in der L.R.-G. veranstaltet, auf dem der Ehrenvorsitzende des TSB, Max Depke, die Festrede hielt.

Seit dem 20. Februar 1990 führt Andreas Henry Klüssendorff als Vorsitzender den Lübecker Regatta Verein. Durch die Grenzöffnung stieg auch das Interesse an der Lübecker Regatta wieder an. 1990 meldeten 86 Vereine, darunter wieder neun aus Dänemark, aber auch 17 aus der DDR. Zur Langstrecke starteten 23 Vereine. Umfangreiche Bemühungen um Kontakte zu Vereinen aus der DDR waren vorausgegangen. Per Telegramm oder persönlich wurden die Meldungen zur Regatta abgegeben. Durch die Unterstützung des deutschen Sportbundes konnten wir die DDR Mannschaften ohne Startgeld starten lassen. Aus Greifswald, Stralsund, Rheinsberg, Magdeburg, Rostock und Schwerin reisten zahlenmäßig große Mannschaften an. Die Falkenwiese wuchs zu einer Zeltstadt. Mit Hilfe aller Beteiligten und den Helfern aus den Lübecker Vereinen konnte auch dieser Ansturm bewältigt werden.

Der Zulauf hielt auch in den Jahren darauf an, denn die Ostvereine bekamen ab 1991 vom Regattaverein 50 % Rabatt auf die Meldegelder gewährt. Von 1996 bis 2003 kam aber wieder eine Zeit, wo die Meldungen deutlich zurückgingen und beim Meldeschluss jedes Mal gerechnet werden musste, ob die Meldungen für die Durchführung ausreichten. Mit Unterstützung der Lübecker Stiftungen und der Hansestadt Lübeck konnte der Regatta Verein in die Regattastrecke investieren und die Lübecker Regatta wieder attraktiver machen. Ein neue Außenbahnmarkierung inkl. neuer Bojen wurde angeschafft. Auch die Langstrecke und die Aufwärmzone wurden verbessert markiert. Mit Hilfe der Firma Jacob Cement, Boy Meesenburg, und einige Jahre später der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck, wurden für die L.R.-G. und den LRK jeweils ein Katamaran angeschafft. Zur Regatta werden aus Segeberg und von der Ruderakademie in Ratzeburg zwei weitere Katamarane ausgeliehen, sodass dadurch die Wellenbildung der Schiedsrichterboote vermieden werden konnte. Durch die Bojen und die Katamarane wurde eine erhebliche Verbesserung der Regattaqualität erreicht und die Meldungen nehmen seit 2003 jedes Jahr wieder zu.

Mit 97 Vereinen und Renngemeinschaften wurde 2011 ein absolutes Rekordmeldeergebnis erreicht. Das bringt nun aber den Sattelplatz in absolute Platznöte. Die Bootsanhänger der Vereine sind kaum noch unterzubringen. Auch die Servicefirmen haben seit einigen Jahren die Lübecker Regatta wieder im Programm und sind in großer Zahl vertreten. Der Zuschauerbereich wird durch zwei große Zelte zum Sitzen gegen Wind und Wetter geschützt.

In den letzten Jahren wurde es dank Sponsorengeldern und der Förderung durch die Hansestadt und die Stiftungen möglich laufend in die Technik der Regatta zu investieren. Rein aus den Startgeldern lässt sich diese Regatta leider nicht mehr durchführen. Deshalb sind wir für die Unterstützung sehr dankbar.

Gleich zwei neue Vorstandsmitglieder übernehmen ab Februar 2020 die Aufgaben des bisherigen Vorsitzenden und Regattaleiters Henry Klüssendorff, der den Kreisfachverband der Ruderer seit 1990 geführt hatte und nun zu dessen erstem Ehrenvorsitzenden ernannt wurde: Das operative Geschäft teilen sich zukünftig Michael Schwarz als Vorsitzender und Julian Klüssendorff als Regattaleiter.

Die für Februar 2021 geplanten Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Regattavereins – Gala und Ball –  werden pandemiebedingt auf Februar 2022 verschoben.

Andreas Henry Klüssendorff